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Schulmedizin gegen Komplementärmedizin: ein unsinniger Streit

28 November 2021

Der Beruf der Med. Masseurin ist unter anderem auch deshalb interessant, weil wir uns im Spannungsfeld zwischen Schuldmedizin und Komplementärmedizin bewegen. Wir lernen gewisse Techniken, die zur Schulmedizin gehören und für welche es klare wissenschaftliche Evidenz gibt, zum Beispiel die Triggerpunkt-Therapie. Daneben erlernen wir aber auch Techniken, die zur Komplementärmedizin gehören, wie zum Beispiel die Fussreflexzonen-Therapie. Wie gehen wir im Arbeitsalltag mit diesem Paradox um? Muss man sich als Med. Masseurin entscheiden, auf welcher “Schiene” man fahren will? Meiner Meinung nach ist das überhaupt nicht nötig.

Das Beste aus zwei Welten

Wenn es um die Frage Schulmedizin oder Komplementärmedizin geht, gilt die alte Regel: “Iss die Suppe nicht mit der Gabel, wenn ein Löffel da ist. Aber wirf die Gabel nicht gleich weg — vielleicht gibt es morgen Salat.” Mit anderen Worten, es gibt verschiedene Arten von Beschwerden und entsprechend gibt es verschiedene jeweils geeignete Behandlungsmethoden. Wichtig ist, dass man nicht ein Problem, für welches es eine einfache schulmedizinische Behandlung gibt, mit Komplementärmedizin behandelt und umgekehrt. Zwei Beispiele dazu: mit meiner Kurzsichtigkeit gehe ich zur Optikerin, nicht zum Craniosakraltherapeuten, aber meine muskulären Verspannungen lasse ich mit Massage behandeln, statt Schmerzmittel einzunehmen.

Der zweite Grund, warum ein Wettkampf oder Streit zwischen Schul- und Komplementärmedizin wenig Sinn macht, bezieht sich meines Wissens vor allem auf die manuelle Therapie. Hier ist es so, dass die sogenannt “komplett verschiedene Techniken” sich gar nicht so stark von einander unterscheiden, wie man meinen könnte. Dazu ein Beispiel: diesen Frühling habe ich eine Weiterbildung zum Thema Schulterentspannung mittels Jin Shin Do® Akupressur gemacht und war bass erstaunt, als ich realisierte, dass die wichtigsten Punkte, die ich an diesem Kurs lernte, genau den Triggerpunkten von Gautschi im Schulter-Nacken-Bereich entsprechen. Es scheint also sehr fraglich, warum man sich streiten sollte, ob Jin Shin Do® Akupressur oder Triggerpunkt-Therapie nach Gautschi besser wirkt, wenn sich beide Techniken über weite Strecken zum Verwechseln ähnlich sind. Hier drei konkrete Beispiele für den Schulter- und Nackenbereich:

  • M. trapezius pars ascendens
  • M. levator scapulae
  • M. sternocleidomastoideus

Schlägt man diese Muskeln in Gautschis Standardwerk zur Triggerpunkt-Therapie nach, wird man dieselben Punkte finden, die auch an dem Kurs für Jin Shin Do® Akupressur vermittelt wurden. An diesen Beispielen erkennt man klar, dass sich die beiden Methoden — zumindest was den Schulter-Nacken-Bereich angeht — in zentralen Punkten sehr ähneln.

Erkenntnis

Am Beispiel der Schulterverspannungen wird klar: Ein Streit darüber, welche Thearpieform vorzuziehen sei, ob also die Schulmedizin oder die Komplementärmedizin besser funktioniere, erscheint wenig sinnvoll, da verschiedene Behandlungsmethoden (in unserem Beispiel Jin Shin Do® Akupressur und die Triggerpunkt-Therapie) erstaunliche Parallelen aufweisen und mitunter sogar schwer von einander zu unterscheiden sind. Ein Streit darüber, welche Methode nun besser sei, erscheint mir daher unnötig und auch schädlich, da er dazu führen könnte, dass gar nicht mehr die Patientin im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, sondern das Ego des einen oder der anderen Therapeutin.

Wie weiter?

Für mich ist klar, dass ich mich weiterhin für alle Techniken interessiere, mit welchen unnötige Schmerzen effizient gelindert werden können, egal, ob diese Techniken nun als Teil der Schulmdedizin betrachtet werden oder zur Komplementärmedizin gehören. Ein Streit zwischen diesen beiden Welten erscheint mir unnötig und veraltet. Zum Glück habe ich bereits vor einigen Jahren, als ich noch in verschiedenen Anstellungsverhältnissen arbeitete, gesehen, dass auch in Kliniken und Spitälern komplementärmedizinische Behandlungen mittlerweile gut akzeptiert werden. Da gab es zum Beispiel eine Oberärztin, welche ihre Patienten nicht nur schulmedizinisch versorgte, sondern ihnen auch Akupunkturnadeln setzte, wenn dies indiziert war — welche also beide Welten sozusagen in einer Person vereinte. Meiner Meinung nach liegt die Zukunft in dieser Richtung und ich sehe ihr mit Freude entgegen!

Quellen

  • Der von mir besuchte Kurs “Schulter-Nacken-Entspannung mittels Jin Shin Do® Akupressur” wurde von unserem Berufsverband organisiert und fand am 9. März 2021 statt.
  • Gautschi, Roland: Manuelle Triggerpunkt-Therapie. Myofasziale Schmerzen und Funktionsstörungen erkennen, verstehen und behandeln, 2., aktualisierte Auflage, Georg Thieme Verlag: 2010
  • Bildnachweis
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Inhalt

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